Die erschte härzige Blüemli
si lüchte schier wie Schtärnli
im gelb und blaue Chleid.
Die erschte härzige Blüemli
sind für mi Schatz wie gmacht.

Es meint, si sind ufgange

gwüss i de Schtärnenacht.
Am Morge weiss i s Meili,
am Bruschttuech heds de Schtruss,
und jutzget d Freud und d Liebi
hell uf zum Feichter us.

 

 


Herr und Hund

(Begegnung mit Richard Wagner in Tribschen, Luzern)

Ich ging so in die sechzehn Jahr',
Und war ein Lausbub, das ist klar.
Hat Ehrfurcht nicht vor dem Genie,
Nicht vor Musik und Hundevieh.

 

Ich weiss nicht, roch das grosse Tier
Das junge Flegeltum in mir?
Gab ich dem Meister wenig Ehr'?
Das Tier, es knurrte oft und sehr.

 

Des Tieres Knurren mich verdross.
Und plötzlich packt' ich ein Geschoss
Und warf von hinten diesen Stein
Dem Hunde an das eine Bein.

Das Tier, es heulte jammervoll
Erst hoch in Dur, dann tief in Moll.
Es stimmte wohl nicht jeder Ton
Zur neusten Komposition.

 

Denn Richard kehrt sich wütend um,
Ich sah, er nahm die Sache krumm.
Er zückte seiner Fäuste Paar.
Ich retirierte, das war klar!

 


E Chenderfründ

Es stohd e schöne Öpfelbaum
Is alte Huebers Matte,
und wär drum ume n au e Zaun
Er überchäm kei Chratte.

 

Und das, nur will er selber will,
Dass neumbe si stibitzid.
Zur Mittagszyt är luuret still,
Bis vill druf obe sitzid.

 

Und we si do im beschte Schmaus      
Die Öpfel zäme butzid,
Do gid e Piff der alti Chlaus,
Und die vernämds und stutzid.

Da gsehnd sen ume n Egge cho,
Er droht scho met dem Finger.
Dor d'Äscht ab gohts anander no,
Si schüched de Lehrer Linger.

 

Und gischt was häscht, das Lumepack,
nimmts Muul voll no, und das bizyte.
Und i de zweiti Hosesack
tüens no e paar uf d'Syte.

 

Keine gsehts Chlause luschtig Gsicht!
So chamer ganz die glichi Gschicht
die andere Härbschtäg wieder gseh,
bis häd kei einzige n Öpfel meh.




De lätz Peter

I ha nid wis brävscht Büebli too,

mer hed mi köpflet au dernoo,

ha d Rueten überchoo uf d Hand

und au ufs hinder Vatterland;

chäch gschaffet händ si a dem Chrischt

i Huus und Schuel, wis Mooden ischt.

 

E mool isch s Leerers Mueter chrank,

de Leerer seid: "I weiss ech Dank,

dur d Stäg ab holzid nid so grüüsli,

gönd ruejig hei und still uf s Hüüsli."

 

Emool da händ zwee Händel ghaa

im Gang, und beed fönd z läärme n aa.

 

De Leerer chond ganz root im Gsicht:

"Was isch das wider für ne Gschicht,

heisst das still gsy, e so nes Gschrei,

wer hes so prüelet wi ne Leu?

"De Peter!" rüeft de Joggi luut.

De Leerer druuf: "Isch daas das Chruud?"

und haut mer eis a Chopf, o jee,

i has Füür z Stroosburg unde gsee.

Do rüeft halt z spoot de Müllerchly:

"S ischt s Ammepuure Peter gsy!"

 

De Leerer hed das chuum vernoo,

so hed er breit e Bryse gnoo:

"I hätt der au scho selle gää,

de chausch es jo uf d Rächnig nää."

 


Es Liedli

Wi mängischt eim es Liedli chlingt        
mer weiss nid rächt wohär
so ganz es goldigs Glöggli singt
es donkt eim wunderbar.

Wi wenn es Röseli im Tal
ufgohd i Stärnenacht
villicht im Härz e Sonnestrahl
da hed das Liechtli gmacht.



S Hürootsrächt

E Jumpfere no im bestandne Joor

had d Hoffnig nid la laufe,

had mängisch gseid:

"Mis Hürootsrächt,

i tätts no nid verchaufe."

 

Und nooch bim Tood,

de Pfaarer seid:

"Iez goots is eebig Lääbe,

gäll Babeli, dis Hürootsrächt,

iez gäbisch es vergäbe!"

Und s Babeli druuf und lached schier:

"I brungs nid über s Gwüsse,

hets überäne Land und Lüüt - -

mer cha bigopp nie wüsse!"








 

Hustagegrüess

Zom goldige Hochsig

Vor füfzig Johre, oh wi wyt
s dunkt euch gwüss ke langi Zyt       
händ sich zweu Härze gfunde
und hed es Ringli bunde
zweu liebi Mönsche anenand
zur Wanderfahrt im Ärdeland.
Wi händ im Finke gsunge,
was hed euch d Liebi brunge
im schöne Bluememai:
s erscht Mol im liebe Hei!

 

Es ischt nid immer Länz und Mai.
Das Läbe bringt gar allerlei,
bringt Wätter, Schnee und Räge,
doch au vil Sunnesäge,
bringt läbigs Bluescht, bringt liebi Chind,
i Freud und Leid gohds Läbe gschwind.
Und wi mer dänkt: chas ächt au si?
sind füfzig Jöhrli scho verbi
füfzig Fäschttäg scho im Mai,
im alte liebe Hei.

 

Hüt wieder isch e Maietag
Dur alli Not und Gfohre
hed euch de Liebgott Sörgli treid
und ihr händ gwirkt im Härze fort
im liebe Blick, im liebe Wort,
Bis s goht im letschte Mai
is äner schöner Hei.


E Viertel drüber

Spoot Nacht der Joggi düüsselet ie,

dass s Fraueli nid verwachi,

tued no im Gängli d Schue abzie,

dass s Schtäge joo nid chrachi.

 

Do gypschet d Tüür, d Chatz macht miau,

s Zyt schlood, wi zum Verschlaage,

und halb im Schloof, so trääit si d Frau:

"Was heds au vori gschlaage?"


"E Viertel drüber, liebe Schatz!"

- "Chum alle au bizyter

und tramp mer au nid immer Chatz!"

seid d Frau und schlooft ruejig wyter.


I euser grosse Heldezyt

händ au par starchi Eidgenosse

usgfochte ganz en eigne Strit,

und Mönschebluet ischt gar nid gflosse.

 

Zweihundert Zugerrötel sind

s'Wettopfer gsi und für feuf Mäge,

es Filet vomene junge Rind,

zwölf Pule - s'mag si au verträge.

 

En Oxtailsuppe – de Name stimmt,

hed bildet schön die Uvertüre.

Zwei Täller jede use nimmt,

das leid de Grund fürs Undrefüre.

 

Die Rötel druf im Anke blau

und grüen garniert und mit Zitrone

ganz Hüfe bringt em Wirt si Frau,

jetz heisst es d'Mäge nümme schone.

Mer meinti schier, s'gieng ume Lohn:

Mul und Auge sind 'ne überloffe,

Sächs mol nänd vier e Portion,

de Sepp hed alli übertroffe.

 

Wo all scho langsam gwurglet händ,

es Dotzed sind no i de Platte,

"Nimm du, nimm du! Wenn iehr ned wend

de Sepp, dä tued ned ermatte!"

 

Und woner ischt bim letschte Schwanz,

seid d'Marei: "Das seig unvergässe,

do händ er jetz de Lobeerchranz

für Meischterschaft im Rötel frässe!"


 

 

In Morgendämmerung

In Morgendämm'rung wach ich auf,
Erfüllt von süssem Traum,
Das Lied, das mir darin erklang,
Die Amsel singt's im Baum.

 

Am Himmel stehen noch zwei Stern'   
Im dunkelblauen Grund.
Ob das die lieben Augen sind,
Die ansehn' mich zur Stund'?

 

Im Osten wallt ein Nebelbild
In purpurroter Pracht.
Ob das die Rosenwangen sind,
Die mir im Schlaf gelacht?

 

Hell in den Wolken blitzt es auf
In märchenhaftem Licht.
Ob das der goldnen Locken Schein
Aus meinem Traumgesicht?

 

Und her durchs Fenster wehen lind
Die Lüften wie zum Gruss.
Ihr Hauch voll Maienblühtenduft
War das der Liebsten Kuss?


Sehnsucht

Es blühn viel rote Rosen              
Hervor am grünen Hag;
Ob mir von all den Blumen
Nicht eine blühen mag?

 

Es leuchten blaue Sterne
Am hellen Maientag;
Ob mir von all den Sternen
Nicht einer leuchten mag?

 

Es klopfen viel junge Herzen
In maienseligem Schlag;
Ob mir von all den Herzen
Nicht eines klopfen mag?

 


Das alte Lied

(Mein erstes Minnelied (1873)

Vorbei an einem alten Dorfe
Kam ich zu einem alten Haus.
Am Dache flogen weisse Tauben,
Und aus dem Kranz der Rosenlauben
Ein lieblich Mägdlein sah heraus.

 

Es trugen roten Rosenzauber
Die Wangen auf der jungen Maid,
Ihr Aug nur blau, ihr Haar nur golden,
Und süss erklang vom Mund, dem holden
Ein altes Lied von Lieb und Leid.


Ich weiss nicht, was mich mehr betöret,
Seit ich vom alten Hause schied,
Umstricket Goldhaar meine Sinne
Und weckt ein Blauaug holde Minne,
Noch immer tönt das alte Lied.

 


Traum

Ich spann mir aus den schönsten Traum:
Dich an mein einsam Herz zu legen
Und in der Liebe heiligem Raum
Wie Edelstein dich treu zu hegen.

 

Nicht sann ich, wie der Sinne Steg
Verschieden müsste von dem Andern
Zum Frühlingsmorgen  führt dein Weg,
Doch abendwärts schon muss ich wandern.

 

Die Sonne dir im Osten strahlt
Wenn sie mir glänzt auf Westens Matten;
Wo deine goldne Bilder malt
Wirft meine Sonne bleiche Schatten.

 

Wenn Blüten deines Pfades Preis,
Mit Goldgedeck dir Lüfte kosen
So weben sich schon silberweiss
In meinem Haar des Grames Rosen.

 

Dein Schifflein führt zur Wunderstadt
Daran ich schon vorbeigefahren;
Mögst, wie sie mich verzaubert hat,
Du niemals ihrenTrug erfahren.

 

Es fällt so schwer im Sonnenlicht
An eine Sturmesnacht zu glauben.
Den goldnen Wahn, das Traumgesicht
In deinem Geist will ich nicht rauben.

 

So geh von mir, wie man vom Baum
Die letzte Blüte hat gebrochen,
Du warst mein letzter Maientraum
Der mir das schönste Glück versprochen.

 

Mein Aug ist trüb, mein Herz ist krank,
Dein Herz sei froh, dein Auge helle,
Wenn längst mein Lied im Grab versank
Blüh Rosenglück nach deiner Schwelle.

 




Raeber-Verlag, 1918: "Die Stadt am See"

 

Orell Füssli: "Heimeliges Glüt

Gedichte in Hochdorfer-Dialekt